27. Februar 2007

Kommentar aus dem Kölner Stadtanzeiger

Pose und Erkenntnis

Es ist soweit. Nach dem letztlich verdienten 1:1 vor heimischem Publikum gegen den SC Paderborn wechselt der offizielle 1. FC Köln in der Operette mit dem wenig schmissigen Titel „Mission Wiederaufstieg in der Saison 2006 / 07“ die Tonart. Aus strahlend-schepperndem Dur ist ein leises Moll geworden. Man ist zufrieden. Mit Verweis auf das 0:5 in Essen vor einer Woche zeigt der Klub jetzt jene Form von Genugtuung, die ein Mann zeigt, der in der vergangenen Woche von einem 10 Meter-Turm in ein leeres Becken gesprungen ist und es zurecht als deutlichen Fortschritt empfindet, diesmal für den Sprung auf die Kacheln den Fünfmeter-Turm gewählt zu haben. Keine Rede mehr davon, dass ursprünglich das meiste und teuerste und beste Wasser der Welt im Becken sein sollte.

Man könnte dem Klub nun gratulieren dazu, dass er nach 23 Spieltagen in der Zweiten Bundesliga in jener Realität angekommen ist, die sich seit dem siebten, achten Spieltag abgezeichnet hat und spätestens seit der vollständig missglückten Rettungsmission des Trainers Christoph Daum nicht mehr zu leugnen war. Man könnte dem Klub nun gratulieren dazu, dass er nicht mehr klafterweit über seine Verhältnisse fantasiert, erwartet und agiert. Allein, der rechte Glaube an die neue Demut will nicht aufkommen. Zu vieles zuvor schon war die reine Pose.

Christoph Daum hat sich allzu lange darin gefallen, die Mannschaft nach all den missglückten Auftritten der von ihm verantworteten Vergangenheit auf eine Weise bloßzustellen und anzuprangern, die kein anderer Trainer sich irgendwo hätte erlauben dürfen. Auch Daum nicht. Einzige Ausnahme-Konstellation weltweit: Daum in Köln.

Der komplette 1. FC Köln hat sich allzu lange darin gefallen, die Kette der Misserfolge zu einer Kette von unerfreulichen Zwischenfällen zu erklären; als eine Situation, die per Befreiungsschlag ein für alle Mal zu lösen ist und, wartet nur ab, gelöst wird. In diese Befreiungsschläge wurde viel, viel Geld investiert, und nachdem die Wirkung all dieser Investitionen ausbleibt, wird erklärt, das alles sei so nicht gemeint gewesen. Platz zehn in der Zweiten Liga und ein verdient-glückliches 1:1 gegen den SC Paderborn seien soweit ganz in Ordnung.

Die reine Pose, denn Konsequenzen irgendwelcher Art zieht ja keiner. Nicht der Präsident, der mit „Arsch aufreißen!“-Brandreden die Mittel von vorgestern für die Probleme von heute benutzt; nicht der Manager, der jetzt erklärt, die von ihm ersonnene „elitäre Arroganz“ sei nichts weiter als Ausdruck für eine andere Form von Bescheidenheit und nicht der Trainer, der . . . Nein, der nicht. Es ist ja die Mannschaft.

Aber wer weiß! Der 1. FC Köln wird bescheiden. Glückwunsch dazu.

Quelle: http://www.ksta.de/html/artikel/1172183386141.shtml

Frag mich nur, was der Autor nun meinte: Pose oder Posse?